Wir werden uns der Aufgabe nicht entziehen ...

30 Jahre RE.F.U.G.I.U.S. Rechnitzer Flüchtlings- und Gedenkinitiative

978-3-99016-239-2
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Im Oktober 1944 begann das NS-Regime mit dem Bau des Befestigungs- und Grabensystems „Südostwall“, um die anrückende sowjetische Armee an der „Reichsgrenze“ aufzuhalten. Am 24. März 1945 wurden rund 1000 ungarische Juden von Köszeg über Rechnitz in den Ort Burg transportiert. 200 von ihnen wurden als arbeitsunfähig eingestuft und nach Rechnitz zurückgebracht. Am selben Abend fand im Schloss Batthyány ein NSDAP-Kameradschaftsfest statt. Von dort machte sich eine Gruppe von 15 Männern auf den Weg in die Nähe des Kreuzstadls, wohin die völlig erschöpften Juden gebracht worden waren. 180 Menschen wurden ermordet. Die Täter feierten im Schloss weiter, 18 Männer wurden am nächsten Tag ermordet. Bis in die 1980er Jahre bestimmten in Österreich politische Eliten, was erinnert wird und was nicht. Erst infolge der „Waldheimaffäre“ wurden Fragen nach der Verantwortung und Beteiligung der Österreicherinnen und Österreicher an den Verbrechen des Zweiten Weltkrieges und am Holocaust gestellt. Die Diskussionen machten ein neues Geschichtsbild notwendig. In Wien lösten Alfred Hrdlickas „Mahnmal gegen Krieg und Faschismus“ und Thomas Bernhards „Heldenplatz“ im Burgtheater heftige Reaktionen aus.

In Rechnitz startete eine Personengruppe um den Antifaschisten Hans Anthofer eine Unterschriftenaktion für die Errichtung eines Mahnmals zum Gedenken an die Opfer des Kreuzstadlmassakers. 1992 konstituierte sich RE.F.U.G.I.U.S. als Verein, der Gedenkfeiern, Benefizkonzerte und Symposien veranstaltet. Ein Informationsbereich beim Kreuzstadl wurde 2012 eröffnet. Die Suche nach dem Grab der beim Kreuzstadl ermordeten Menschen bleibt bis zu dessen Auffindung oberstes Ziel von RE.F.U.G.I.U.S.
Das Wirken von RE.F.U.G.I.U.S. ist ein exemplarisches Beispiel für die Arbeit zivilgesellschaftlicher Gruppierungen auf regionaler und lokaler Ebene, die sich gegen politische und gesellschaftliche Widerstände für eine neue Gedenk- und Erinnerungskultur einsetzen. Der Verein hat stets versucht, öffentliche Stellen trotz vieler Widerstände für seine Vorhaben zu gewinnen. Es ist RE.F.U.G.I.U.S. gelungen, durch Beharrlichkeit und intensive Arbeit ins kulturelle und kollektive Gedächtnis
zu dringen. Gegen Widerstände „von oben“ entstanden Vergangenheitspolitik und Erinnerungskultur „von unten“. Die Publikation stellt diesen Wandel der Gedenkkultur durch zivilgesellschaftliches Engagement am Beispiel von RE.F.U.G.I.U.S. dar und kann für ähnliche Initiativen als Handlungsanleitung dienen.

978-3-99016-239-2